agentur für architektur+kunst
Markus Löffelhardt DWB

Sanierungsgebiet Badenweilerstraße | Freiburg


Die in den späten 1960er Jahren errichteten Wohnzeilen in der Badenweilerstraße 8–16 zeigen die typischen Mängel und Alterserscheinungen, wie sie an allen Geschosswohnungsbauten aus dieser Zeit beobachtet werden können. Das sind zusammengefasst vor allem energetische Probleme, die äußere Gesamterscheinung, aber auch Schwächen im Bereich der sozialkommunikativen Thematik. Im ersten Bauabschnitt stand die Sanierung und Modernisierung einer 8-geschossigen Gebäudezeile aus zwei Einzelgebäuden an. Aus der Notwendigkeit, thermische Brücken zu eliminieren und Barrierefreiheit zu erreichen ergab sich der positive Nebeneffekt, dass die ehemaligen Laubengänge geschlossen und den Wohnungen zugeschlagen wurden. Eine vor die Fassade gestellte neue Stahlkonstruktion ermöglicht nun zusammen mit einem freistehenden Aufzugsturm eine hochwertige und barrierefreie Erschließung, die gut an den neuen Eingangsvorbau und das bestehende Treppenhaus angeschlossen ist. Die gesamte Zugangssituation, inklusive Treppenhaus wirkt nun erfrischend hell, luftig und freundlich.
Das einst schlicht verputzte Mauerwerk der Außenwände erhielt wie auch die Kellerdecke und das Flachdach eine solide Dämmschicht. Zusammen mit neuen Fenstern und einer Kompletterneuerung der gesamten Heizungsanlage wird mit diesen Maßnahmen eine Halbierung des Heizenergiebedarfs erreicht. Neben den umfangreichen energetischen Maßnahmen wurde aber auch eine deutliche Verbesserung der sozial-kommunikativen Situation insbesondere im Erschließungsbereich angestrebt. Und nicht zuletzt sollte auch das äußere Erscheinungsbild der Zeilen von seiner ursprünglich etwas grauen Uniformität in eine lebendige, zeitgemäße und freundliche Atmosphäre gehoben werden. Die deutliche Aufwertung der umgebenden Freiflächen im Bereich zwischen Straße und Eingang, spielt dabei eine nicht unerhebliche Rolle. Diese Aufwertung wird vor allem durch die Eliminierung des einstigen Mülltonnenspaliers erreicht, das durch eine anspruchsvoll gestaltete Sammellösung an der Straße ersetzt wird.
Um den Bewohnern eine möglichst akzeptable und verträgliche Gesamtsituation während der Baumaßnahmen zu bieten, ging die Freiburger Stadtbau neue Wege: Die Baumaßnahmen fanden in bewohntem Zustand statt; ein Modellprojekt, das einen aufwändig geplanten Organisationsablauf und sehr präzise Terminierung erfordert. Immerhin wurden ja nicht nur die Gebäudehülle, sondern auch alle Heizkörper, Bäder und WCs vollständig erneuert und modernisiert. Zur Überbrückung besonderer Belastungssituationen standen den Mietern dabei im Wechsel einige voll funktionsfähige Gästewohnungen zur Verfügung.
Das neue, von der Fassade abgerückte Laubengang-Stahlregal ist über kleine Brücken mit den Wohnungstüren verbunden. Dadurch ergeben sich auf einfache und überzeugende Weise private Flächen vor den Wohnungseingängen, die bei konventionellen Laubengangsystemen vermisst werden. Der Erschließungsweg hält deutlich Abstand von den Grenzen der Privatsphäre und verbessert damit gleichzeitig die Belichtungs- und Belüftungssituation. Zusammengenommen dürften diese Maßnahmen einen positiven Impuls für das soziale Miteinander ergeben, das sich erfahrungsgemäß erst aus dem Gefühl heraus entfaltet, dass die notwendige Minimaldistanz gewahrt werden kann. Die großzügig ausgelegten Laubengänge könnten damit zu den so wichtigen, informellen Kommunikationszonen werden.
Auf der Westseite profitieren die einst offenen Loggien von einer ganzflächig zu öffnenden Falt-Schiebeverglasung, die den Charakter der offenen Loggia als Balkon erhalten, gleichzeitig aber eine Wintergartennutzung in den Übergangs- und Wintermonaten ermöglichen. Der Effekt ist ein Mehrwert bezüglich Schallschutz, Energie und Nutzung.
Die neue Metallfassade mit ihren undogmatisch gestreuten bunten Farbfeldern bricht hier die einstige Monotonie und sorgt für ein neues, individualisiertes und sympathisches Erscheinungsbild. Visuelle Klarheit und Stabilität erhält diese enorme Fassadenfläche durch eine Rahmung mit roten Faserzementplatten, die auch an den Stirnseiten des Gebäudes, sowie an den Brüstungen der Laubengänge ihre intensive, im Kontrast zum umgebenden Grün auftretende Farbwirkung entfalten.
Markantestes Zeichen eines neuen Lebens- und Wohngefühls dürften aber die freistehenden gläsernen Aufzugstürme sein, die den Wohnzeilen nicht nur einen signifikanten Ausdruck verleihen und faszinierende Ausblicke über Stadt- und Berglandschaften gewähren, sondern auch den bisweilen anzutreffenden Schmuddel geschlossener Aufzugsanlagen vergessen lassen. Diese Aufzugstürme werden zum Symbol für ein positiv gestimmtes Ankommen zu Hause.
Sanierungsmaßnahmen im Geschosswohnungsbau nehmen einen immens wichtigen Stellenwert im gesamten Baugeschehen ein. Hier vor allem gilt es, richtungsweisende Lösungen aufzuzeigen und Visionen für eine Zukunft zu entwickeln, in der Nachhaltigkeit gegen Ressourcenplünderung, Kommunikation und Miteinander gegen Isolation, Ausgrenzung und Abschottung gesetzt werden. Innovative, umweltverträgliche und sozial-integrativ funktionierende Wohnstrukturen bei diesen Sanierungsmaßnahmen auf den Weg zu bringen ist eine eher unscheinbare und meist nicht einfach zu lösende Aufgabe. In Anbetracht des gigantischen Problempotetials in unserer ganzen Republik sind das aber die wahrhaft bedeutenden Meilensteine zukunftsorientierten Bauens.

Projektbeschreibungen Architektur

  1. Karlsruhe Bundesgerichtshof
  2. Offenburg, Parkhaus Burda
  3. Freiburg, Neuapostolische Kirche
  4. Worms, Nordportal St. Paul
  5. Karlsruhe, Feco-Forum
  6. Freiburg Stadtbau

Wettbewerbstexte Architektur

  1. Dresden Gynasium
  2. Essen Schulbau
  3. Frankfurt Jugendhaus
  4. Hamburg IBA Bildungszentrum
  5. Saarbrücken Hochschule
  6. Stuttgart Ministerium
  7. Wiesbaden Stadtmuseum
  8. let it be

Architektur allgemein

  1. Meilensteine Modernen Bauens
  2. Freiburg wird gebaut

Kunstbücher

  1. Hannes Norberg, Düsseldorf
  2. Stefan Heide, München